Dienstag, 1. Mai 2012

Auszeit


Ich habe mich kaum je unter den Menschen so fremd gefühlt als gegenwärtig, oder ist es eine Täuschung durch Vergessen? Das Schlimmste ist, dass nirgends etwas ist, mit dem man sich identifizieren kann. Alles brutal und verlogen. 
- Albert Einstein - 

Ich musste mal raus - einfach weg von allem. Ich wollte mal wieder nur mit mir selbst sein. Eben ein typischer Mit-sich-selbst-ins-Reine-kommen-Trip. Und es hat echt funktioniert, obwohl ich wirklich skeptisch war. Ich habe nicht mehr das Gefühl mir mit Jekyll und Hyde einen Körper teilen zu müssen, bin wesentlich entspannter. Ich denke immer noch viel über Dinge nach – das wird sich wohl auch nie ändern – aber ich denke sie nicht mehr kaputt. Einfach auch, weil ich während dieser Auszeit mit einigen Dingen, die mich sonst laufend beschäftigen, gar nicht konfrontiert wurde.

Ich weiß nicht, wie lange dieser Zustand anhalten wird, ob er überhaupt anhalten wird oder ob das Kartenhaus, das ich mir mühsam aufgebaut habe, gleich wieder in sich zusammenfallen wird, wenn ich zurückkomme. Aber wenn es so ist, weiß ich wenigstens, wie ich es wieder geradebiegen kann. Ich weiß jetzt, dass es einen Panik-Schalter gibt, den ich im Notfall einfach nur umlegen muss. Das ist irgendwie beruhigend. Mir egal, ob das nach Weglaufen aussieht. Es ist endlich etwas, das hilft.

Dass der Sommer wieder da ist, ist zugegebener Maßen der perfekte Katalysator. Es ist eben einfach sich halbwegs sorgenfrei zu fühlen, wenn die Welt um dich herum grünt und blüht und die Sonne alles wohlig warm macht. Da bekommt man fast schon von selbst gute Laune.

Ich mache mich nicht mehr verrückt – jedenfalls nicht verrückter als ich es eh bin – sondern lasse die Dinge jetzt einfach auf mich zukommen ohne mir vorher alle möglichen und unmöglichen Varianten wie es ausgehen könnte durch den Kopf gehen zu lassen. Die Rush Hour ist endlich dem Low Traffic gewichen. Das ist sehr entspannend für die Synapsen, aber auch allgemein für Körper und Geist.

Eine etwas überraschende Erkenntnis hatte ich dann aber doch: Trotz des bewussten Rückzugs aus meinem sozialen Umfeld, zeigte sich gerade dann, wer wirklich dazu gehört. Ich habe so oft wie lange nicht mehr mit meinen besten Freunden telefoniert, habe mich öfter mit meinem besten Freund und meiner Cousine, die nur 10 Minuten Straßenbahnfahrt von mir entfernt wohnt, getroffen als wir uns manchmal in einem Vierteljahr sehen. Manchmal muss man vielleicht erst gehen um wieder richtig da zu sein.
 

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