Freitag, 30. Dezember 2011

Glück ist relativ


Das Jahr geht dem Ende zu und ob man nun will oder nicht, zwangsläufig denkt man doch darüber nach, was sich eigentlich in diesem Jahr so getan hat. Jahresrückblicke sind nicht unbedingt meins und um ehrlich zu sein, bekomm ich nicht mal mehr die Hälfte von dem zusammen, was 2011 alles bei mir passiert ist. Es gab auf jeden Fall eine Menge großartiger Momente mit vielen tollen Menschen und auch Phasen, in denen ich arbeitsbedingt am Rande des Wahnsinns, am Rande des Burnouts und in einer warmen Augustnacht sogar am Rande von Potsdam stand. Alles in allem, so stressig es manchmal auch war und so sehr ich meinen Job, meinen Chef und meine gesamte Branche auch manchmal zum Teufel gewünscht habe, irgendwie hat es am Ende doch immer Spaß gemacht. Ich denke, das ist auch tatsächlich das, worauf es am Ende ankommt.

Und bevor ich jetzt doch noch in einen klischeehaften Jahresrückblick abschweife, komme ich mal zu dem, was ich eigentlich bei meinem persönlichen Jahresresümee festgestellt habe. Denn ich mache ein Jahr nicht daran fest, ob viel Gutes oder Schlechts passiert ist, sondern ich schaue eher darauf, was sich seither an meinem Gemütszustand geändert hat und welche persönliche Entwicklung ich durchlebt habe. Ich bin wesentlich positiver geworden. Natürlich habe ich auch noch genug Tiefs. Wer hat das nicht? Wir sind alle nur Menschen. Aber so beschissen es manchmal auch lief, ich habe mich schneller wieder aufgerappelt, habe schneller wieder den Mut gefunden von vorn anzufangen. Ich bin selbständiger geworden und habe erkannt, dass ich mein Leben endlich zu dem mir höchstmöglichen Grad selbst bestimmen kann, egal was andere sagen. Das auch umzusetzen ist das nächste große Ziel. Daran hapert es noch ein wenig. Aber Erkenntnis ist bekanntlich der erste Schritt.

Letztendlich habe ich mir selbst die Frage gestellt: Bist du eigentlich glücklich? Die ehrliche und spontane Antwort ist Nein und das musste ich erst mal auf mich wirken lassen und richtig verstehen. Im ersten Moment scheint das natürlich total negativ, aber ich habe gemerkt, dass ich die Frage einfach falsch formuliert habe, denn ich bin auch nicht unglücklich. Ich bin eher zufrieden. Zufrieden trifft es eigentlich sogar sehr genau. Es gibt immer etwas, das besser sein könnte. Ideale können nicht immer zu 100% getroffen werden. Viel mehr sehe ich sie als ein Ansporn, als eine Motivation weiter nach etwas zu streben, was einen noch zufriedener macht. Ich sage bewusst nicht glücklicher, denn ich bin der Meinung, dass so etwas wie Glück nichts Permanentes sein kann. Es ist kein Dauerzustand, den man irgendwann erreichen und halten kann, sondern vielmehr ein kurzer Ausschnitt, eine Episode, ein Glücksmoment eben.

Rückblickend können die banalsten Dinge oder Ereignisse das Gefühl von Glück auslösen. Ein Blick in den mit Sternen übersäten Nachthimmel, während man seinem Hund mit der Hand durch das warme Fell streicht, Rumgealber mit den besten Freunden bis man vor Bauchschmerzen nicht mehr kann, eine innige Umarmung von den Großeltern, ein Kuss in den Nacken in der warmen Sommersonne… und ich könnte diese Aufzählung noch ewig weiterführen. Wie das manchmal so ist, nimmt man es in eben diesem Moment, in dem es tatsächlich passiert, gar nicht so richtig wahr. Aber gerade die Erinnerungen an solche Glücksmomenten sind auch nach Jahren noch so glasklar, dass sie sich deutlich abheben. Dass man oft erst rückwirkend erkennt, dass man zu einem gewissen Zeitpunkt glücklich war, scheint mir auch völlig logisch. Denn wenn man es erlebt, ist man meistens so losgelöst von allem als würde man über den Dingen schweben. Exakt in diesem Moment genießt man viel zu sehr um genauer darüber nachzudenken und das Glück richtig zu erkennen. Deshalb denken wir wahrscheinlich auch es wäre so schwer greifbar, obwohl es das ja offensichtlich gar nicht ist.

Also sollte man seine Zeit nicht damit verschwenden dem Glück hinterherzujagen. Damit nagelt man sich geradezu selbst das Brett vor den Kopf. Vielmehr sollte man einfach sein Leben leben und auch mal was Verrücktes machen, nicht ständig alles kaputt denken (vor allem daran sollte ich mich selbst mal halten). Das Leben ist viel zu kurz um es damit zu verschwenden. 2011 war ein durchwachsenes Jahr, aber es waren vor allem die extremen Hoch- und Tiefphasen, die mich weiter gebracht haben. Ich würde im Nachhinein nichts ändern. Ich würde alles genauso machen. Ich bin zufrieden. Und dass ich das sagen kann, kommt einem weiteren Glücksmoment doch schon sehr nahe.

In diesem Sinne wünsche ich jedem, der das hier liest oder auch nicht liest ein großartiges Jahr 2012. Ob die Welt nun am 21.12.2012 untergeht oder nicht, bis dahin haben wir noch gute 12 Monate, die wir ausgiebig nutzen sollten um das Leben in vollen Zügen zu genießen und noch viele weitere Glücksmomente zu sammeln.


Montag, 5. Dezember 2011

Der verlorene Vater...

Es ist Zeit die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Zeit endlich damit abzuschließen. Was gestern war, kann niemand mehr ändern. Warum sich also noch länger damit quälen? Der Fall wird geschlossen und zu den Akten gelegt, auch wenn er ungelöst bleibt. Nach 22 Jahren habe ich einfach nicht mehr den Willen noch an ein Happy End zu glauben. Warum auch? Ich habe nichts, nicht einen kleinen Strohhalm, an den ich mich klammern kann.

Ich weiß nichts über dich. Ich weiß nicht, wie du bist, wo du dich aufhältst, ob du überhaupt noch irgendwo da draußen bist. Du bist das Unbekannte, das große Fragezeichen neben dem schmerzhaften Aufrufezeichen. Denn du hast dich bewusst gegen mich entschieden. Du weißt noch weniger über mich als ich über dich und daran was zu ändern, ist dir nie in den Sinn gekommen. 22 Jahre hattest du Zeit deinen Fehler einzusehen und wieder gutzumachen. 22 Jahre in denen nicht das Geringste passiert ist. Du kannst dir nicht mal annähernd vorstellen, was du damit angerichtet hast – welche Lawine du ins Rollen gebracht hast.

So oft hab ich darüber nachgedacht, wie es wohl wäre dich zu treffen. Was würde ich dir sagen? Könnte ich überhaupt etwas sagen, wenn du vor mir stündest und mir in die Augen sehen würdest? Aber ich bezweifle, dass DU das überhaupt könntest. Du hast mich im Stich gelassen. Ich wurde geboren und das erste und einzige, das du mir gegeben hast, war deine Abewesenheit. Du hast den Verlust zum roten Faden in meinem Leben gemacht.


Ich kann mir nur vorstellen, was dich zu deiner Entscheidung bewogen hat. Wissen kann ich es nicht. Genauso wie du nicht wissen kannst, dass ich dir ein gutes Kind gewesen wäre, dass ich zu dir aufgesehen hätte, dich immer mit an erste Stelle gesetzt hätte. Niemals werd ich es verstehen können. Aber immerhin hast du mich eins gelehrt. Du hast mir gezeigt, wie ich es niemals machen werde und wie wichtig Familie ist. Vielen Dank, dass du so ein hervorragendes Negativbeispiel bist.

Ob du manchmal an mich denkst und dich fragst, was aus mir geworden ist? Ich würde gern ein Ja auf diese Frage hören, aber das ist mein rudimentäres naives kindliches Wunschdenken. Ich weiß mit Sicherheit, dass ich immer an dich denken werde und mich immer nach dem „was wäre gewesen, wenn...“ fragen werde. Du bist und bleibst nun einmal mein Vater, ob du willst oder nicht. Aber Hätte-Wäre-Könnte-Land ist abgebrannt. Ich werde nicht mehr auf etwas hoffen, dass nicht eintreten wird. Du hast eine so große Lücke hinterlassen, dass selbst du sie nicht mehr füllen könntest.  

Es ist Zeit die Vergangenheit hinter sich zu lassen.